Von Freiformflächen und Spielwaren
Die Zeiten ändern sich, vor allem in der Design-Branche. Waren zu Volker Kastls Studienzeiten noch Zeichenstift und Modellbau der vorherrschende Weg zur Designfindung, so gewinnen heutzutage die 3D-Programme immer mehr an Bedeutung. Verdrängung? Nein, bei dem Münchner Designbüro Kastl Design betrachtet man die Computer unterstützte Modellierung als eigenständige dritte Säule des Designprozesses.
Kastl Design
Volker Kastl gründete 1994 das Münchner Designbüro Kastl Design
Ein restauriertes Rückgebäude in einem alten, begrünten Münchner Hinterhof dient dem diplomierten Designer Volker Kastl als kreatives Refugium. Nach dem Industriedesign Studium an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach begann er 1991 seine Karriere als Automobildesigner bei der MAN-Nutzfahrzeuge AG in München. Im Fahrzeugdesign arbeitete er in den Bereichen Interior, Exterior und Corporate Identity. Über einen zufälligen Messekontakt kam er dann zum Spielzeugdesign. Seit mittlerweile fast neun Jahren ist er nun Inhaber des Münchner Büros für Produktgestaltung Kastl Design und erlebte in dieser Zeit die rasante Entwicklung neuer Arbeitsweisen im Industriedesign.

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Jede 3D-Modellierung basiert auf eine Reihe an Vorarbeiten
Zu Kastls Studienzeit war es noch nicht üblich, Computer gestützte Konstruktionsprogramme im studentischen wie beruflichen Alltag einzusetzen. Modellbau und Zeichentisch beherrschten damals die Szene und nur mancherorts kamen 2D-Grafikprogramme zum Einsatz, die in den Folgejahren immer populärer wurden. Heutzutage beschäftigt sich Volker Kastl jedoch nicht mehr mit Computer erstellten 2D-Zeichnungen, sondern modelliert lieber gleich ohne Zeitverlust 3D-Modelle, der Anschaulichkeit wegen. Innerhalb kurzer Zeit eignete er sich im Selbststudium Fähigkeiten und Kenntnisse an, um auch große Projekte mit Qualitätsanspruch realisieren zu können – learning by doing in Reinform. „Dabei kam mir vor allem die logisch strukturierte und selbsterklärende Benutzeroberfläche zugute“ so Volker Kastl. Heutzutage stellt der NURBS-Freiformflächenmodellierer Rhinoceros® aus der amerikanischen Softwareschmiede Robert McNeel & Associates für Kastl Design neben den altbewährten Methoden Zeichnen und Modellbau eine dritte ebenbürtige Möglichkeit der Modellierung dar. Ein weiteres Werkzeug zum Entwerfen eben.

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Freie Fahrt mit dem Scooterkorb - komplett modelliert in Rhinoceros®
Doch am Anfang einer jeden Produktentwicklung stehen sich erstmal die Ideen und Visionen von Kunde und Designer gegenüber. Daraus gilt es im Laufe des Designprozesses eine Einheit zu schaffen, die unterschiedlichen Designwünsche zu vereinen und zudem die technischen Erfordernisse zu berücksichtigen. Zeitgleich erforscht der Designer den relevanten Markt, um zu sehen, was bereits produziert wurde, wie sich die Konkurrenzprodukte behaupten und welchem derzeitigen Trend die Produkte unterliegen. Mit diesem Informationspaket kann Volker Kastl erste Eckdaten und Abmessungen des Produktes festhalten und eruieren, welche Visionen überhaupt umsetzbar, realistisch und wirtschaftlichen Erfolg versprechend sind. Es beginnt die Zeichenphase. Eine Reihe schnell erstellter Skribbles bis hin zu maßstabgetreuen Zeichnungen verfeinern das Bild des Produktes, das der Designer bereits gedanklich geformt hat und kommen anschließend bei einer Vorab-Präsentation, die noch Raum für weiterführende Interpretationen und Kreationen lässt, beim Kunden zum Einsatz. Segnet der Kunde die Entwürfe ab, werden Modelle im Maßstab 1:1 angefertigt.

Parallel dazu macht er sich an die 3D-Modellierung, um sämtliche Abmaßungen und Datensätze ohne Verluste an die Konstruktionsabteilung des Kunden schicken zu können. Vor zwei Jahren sah sich Kastl Design vor die Entscheidung gestellt, eine CAD-Software anzuschaffen, da immer mehr Auftraggeber eine 3D-Modellierung forderten. Letztendlich bewegten die vergleichsweise niedrigen Anschaffungskosten sowie die zahlreichen Schnittstellen – um stets mit den verschiedenen Kunden kompatibel zu bleiben – das Münchner Designbüro zum Kauf des NURBS-Flächenmodellierers Rhinoceros®. Weiteres Plus: das leistungsstarke Rhino, wie es unter Anwendern gerne genannt wird, läuft im Gegensatz zu herkömmlichen 3D-Programmen ohne weiteres auch auf leistungsschwächeren Rechnern und Notebooks. Dadurch erhält die Produktpräsentation beim Kunden eine ganz andere Dimension, denn Volker Kastl kann die anschaulichen 3D-Rhinomodelle per Notebook direkt beim Kunden präsentieren und bei Bedarf Änderungen sofort aus- und vorführen. In manchen Fällen macht ein genau modelliertes und gut gerendertes 3D-Modell den Modellbau überflüssig. In den Fällen, wo auf die Anfertigung eines Modells nicht verzichtet werden kann, eröffnet Rhinoceros® die Möglichkeit, die digitalen Daten für Rapid Prototyping zu nutzen, um beispielsweise per Stereolithographie oder durch selektives Laser Sintern Modelle zu erstellen.

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In Rhino modellierte Ansichten des Scooterkorbes
Mittlerweile verwendet Volker Kastl das Programm Rhinoceros® für die Designentwürfe einer Großzahl seiner Kundschaft aus dem Bereich des Spielzeug-, Industrie- und Möbeldesigns mit einer Fülle an unter- schiedlichen Produkten. So zum Beispiel, um nur eine Sparte herauszupicken, für den internationalen Spielzeughersteller Zapf Creation AG aus Rödental. Einfach strukturierte Freiformflächen bis hin zu komplizierten Designs modellierte Volker Kastl direkt in Rhinoceros®, ohne vorab Handzeichnungen und Skizzen zu den Grundkörpern zu erstellen. Als Resultat entstehen solch kindgerechte freundliche Formen mit der nötigen Liebe zum Detail, wie z.B. der Baby Born Puppen Fahrradsitz von Zapf Creation. Einfache, universelle Basisgeometrien werden einmal erstellt und bei Bedarf wieder aufgerufen und mit verschiedenen Varianten erweitert. Farbe und Form des Körpers können somit ebenfalls jederzeit und ohne großen Aufwand geändert oder angeglichen werden.

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Kindgerechtes Design mit hohem Emotionsfaktor - der Puppenfahradsitz erfreut nicht nur die Kleinen
Auf die Frage, wie Volker Kastl den NURBS-Freiformflächenmodellierer Rhinoceros®, den es mittlerweile bereits in der Version 3.0 bei flexiCAD zu kaufen gibt, in einem Satz beschreiben würde, antwortete er, "dies ginge nicht in einem Satz – wegen der vielen Features. Aber eines ist sicher: Die Personalunion Designer/ Marktforscher/ Modellbauer/ Produktgrafiker erfordert Werkzeuge und Programme, die diesem hohen Anspruch gerecht werden. Rhinoceros® ist ein solches Medium, mit welchem man Ideen ohne großen Aufwand sehr realitätsnah und anschaulich modellieren und anschließend dem Kunden präsentieren kann, ohne sich dabei als kleines Designbüro finanziell zu überfordern".

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von Stefan Roth / flexiCAD.com