Aus der Praxis eines Designers
Mit etwa 16.000 Produkten und weltweit 2.000 Mitarbeitern zählt das traditionsreiche Familienunternehmen hama GmbH & Co. KG zu den führenden Herstellern von Zubehör in den Produktbereichen Photo, Video, Audio, Computer und Telekommunikation. Gegründet 1923 von Martin Hanke, durchlebte das Unternehmen eine wechselvolle Geschichte, immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten und Technologien. Vor etwa 1 1/2 Jahren führte Nils Krietenstein die CAD-Software Rhinoceros 3.0 in die Designabteilung ein, um Produkt-Neuentwicklungen effizient aufbauen, bearbeiten und präsentieren zu können.
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Nils Krietenstein, Produktdesigner bei hama GmbH & Co. KG.
Wir sprachen mit Nils Krietenstein, Jahrgang 1974, der seit seinem erfolgreichen Produktdesign-Studium an der Fachhochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd bei hama GmbH & Co. KG als Produktdesigner angestellt ist.

Herr Krietenstein, worin liegt derzeit das Hauptgeschäft von hama?

So breit gefächert die Zubehörpalette von hama ist, so weitreichend gestaltet sich das Aufgabengebiet von uns. Wir stehen im permanenten Dialog mit Produktmanagement und Vertrieb. Aus diesem ständigen Informationsaustausch, dem Besuch der verschiedensten Messen und der ständigen Marktbeobachtung entwickeln wir neue Konzepte und Produkte. Bei der weiteren Produktrealisierung arbeiten wir dann sehr eng mit unseren Lieferanten, der Marketingabteilung und unserer Werbung zusammen.

Was ist ihr ‚Kapital’ bzw. worin liegen Ihre Stärken?

In der heutigen Zeit ist es für einen Designer enorm wichtig geworden, interdisziplinär und effizient arbeiten zu können. Unsere Stärke liegt mit Sicherheit auch darin, dass wir schon während der Konzeptphase nicht "nur" Gestalter sind, sondern zugleich auch Kaufleute und Konstrukteure. So haben wir immer einen realistischen Blick auf die Kosten und die Machbarkeit und können schon im frühen Projektstadium entsprechende Änderungen vornehmen.

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Entwurf der Freisprecheinrichtung "cruiser".
Bleibt die Phantasie bzw. Kreativität durch eine intensive Nutzung der heutigen Computertechnologie eher auf der Strecke oder entstehen dabei neue Ideen, Leistungen und Entwürfe? Oder anders gefragt: In welcher Phase des Designprozesses hat die Kreativität ihren ‚Hauptsitz’?

Ich denke nicht, dass die Computertechnologie der Kreativität im Wege steht. Um ein gutes Produkt entwerfen zu können, bedarf es vor allem erst einmal guter Ideen im Kopf. Mit "Papier und Bleistift" sortieren und strukturieren wir die Ideen und entwickeln sie weiter. Die Computertechnologie hilft, diese dann weiter zu konkretisieren, lässt aber zugleich noch genügend Spielraum für nachträgliche, kreative Änderungen, die dann besser ins Gesamtbild passen.

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Futuristisch anmutend: Steckeradapter von Nils Krietenstein.
Welche CAD Software setzen Sie ein - seit wann und warum?

Bis vor ca. eineinhalb Jahren haben wir ein System eingesetzt, das sich leider Gottes in die für uns falsche Richtung weiterentwickelt hat. Da sich Rhinoceros jedoch in den letzten Jahren sehr gut entwickelt hat, haben wir dann einen Systemwechsel vorgenommen. Die Bedienbarkeit ist wirklich logisch aufgebaut und der Datenaustausch mit anderen Programmen unserer Lieferanten meistens problemlos. Der Wechsel fiel natürlich umso leichter, da Rhinoceros einen günstigen Einstiegspreis hat.

In welcher Planungsphase setzen Sie CAD ein? Erstellen Sie vorab Handskizzen, physische Modelle oder CAD-Modelle?

Es kommt immer darauf an, was für ein Produkt entwickelt werden soll. Wenn es sich um Produkte handelt, für die zum Beispiel Spritzgußwerkeuge nötig werden, verwenden wir in einer sehr frühen Entwickungsphase Rhinoceros. Dadurch haben wir auch den Vorteil, zum Beispiel verschiedene Farb- oder Oberflächenkombinationen schnell durchspielen zu können.

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Entwicklung des CD-Archivierungs-Systems "Skyline". Darstellung mit Penguin.
Welche Vorteile besitzt Rhinoceros für Sie und ihre Arbeit?

Mittels Rhinoceros können Produkte verhältnismäßig schnell aufgebaut werden und es hat sich gezeigt, dass nicht mehr so viele Vormuster im weiteren Projektverlauf nötig sind und sich die Projektlaufzeiten verringert haben. Desweiteren ist es bei Präsentationen durch Rhinoceros und Flamingo möglich, ganze Produkte oder auch nur Teile sehr detailliert zu kommunizieren oder auch - bei Bedarf - mittels Rhinoceros und Penguin nur als Formkonzepte ohne weitere Details.

Müssen Sie Daten aus anderen Systemen übernehmen bzw. über Schnittstellen an andere Systeme schicken? Schaffen Sie das mit Rhinoceros?

Ja. Ein Datentransfer von Rhinoceros zu anderen Systemen funktioniert zumeist tadellos, welches auch ein Grund dafür war, warum wir uns für Rhinoceros entschieden haben.

Wie haben Sie sich das Rhinoceros-Wissen angeeignet?

Da schon Erfahrungen im virtuellen, dreidimensionalen Raum vorhanden waren, konnte ich mir das Grundwissen über Rhinoceros selbst aneignen. Zur Vertiefung besuchte ich dann einen Aufbaukurs bei flexiCAD, um weitere Details und Zusammenhänge zu lernen.

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Das Modell in vermaßter Darstellung.
Im allgemeinen kann man mit Rhinoceros sehr gut in Hinblick auf die Genauigkeit bei Fertigung und Konstruktion arbeiten. Herr Krietenstein, prüfen Sie die Konstruktion schon bereits vor dem ersten physikalischen Prototypen/Bau? Nutzen Sie die Möglichkeit einer Simulation und Berechnung direkt am CAD-Modell?

Ja. Sehr von Vorteil ist die "Zebra-Darstellung" um den Verlauf von Flächen und von Flächenübergängen zu überprüfen und gegebenenfalls zu modifizieren. Desweiteren ist die Simulation der Entformbarkeit sehr hilfreich, um spätere Änderungen in diesem Bereich von Anfang an zu minimieren.

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Das fertige Produkt "Skyline".
Welche Render-Programme bzw. Plug-Ins benützen Sie?

Derzeit benutzen wir das Bildberechnungsprogramm Flamingo und den Cartoon-Renderer Penguin, da diese zu 100 Prozent auf Rhinoceros abgestimmt sind.

Herr Krietenstein, vielen Dank für das Gespräch.

© flexiCAD e.K.

von Isabell Häusler und Stefan Roth / flexiCAD.com