Die neue Lust am funktionalen Design
Glamour versus Funktion - beide Designziele haben ihren Sinn und ihre Daseinsberechtigung. Die Kreativen von Marwin productdesign aus München entschieden sich für Letzteres und haben sich hochwertiges funktionales Design auf die Fahne geschrieben.
marwin productdesign
solargestütztes Tastaturkonzept Cymotion mit Sender für Cherry
Der gebürtige Münchner Marcus Kuchler rief 1990 das unabhängige Designbüro marwin productdesign ins Leben. Vom Herzen Münchens aus verbreitet er seine Designideen über den ganzen Globus. Hinter der Agentur marwin verbirgt sich ein straff organisiertes, effizientes, aber dennoch lockeres und sehr flexibles Netzwerk von jungen Designern der unterschiedlichsten Spezialisierungen, die termingerecht innovative und motivierte Arbeit leisten – wo auch immer der Schreibtisch stehen mag. Dadurch kann marwin auch schnell auf äußerst kurzfristige Änderungen oder Aufträge eingehen, das Büro ist ja quasi immer geöffnet. Der Transfer der brisanten Ideen, Unternehmens- und Produktdaten erfolgt durch ein ausgeklügeltes System – verschlüsselte, Passwort geschützte Emails und geschützte FTP Datenbanken im Internet als virtuelle Datenträger. Dies setzt natürlich voraus, dass ein Projekt auch von unterschiedlichen Rechnern zugänglich und bearbeitbar ist. Rhinoceros® liefert dafür den entsprechenden technischen Background, da der NURBS-Freiformflächenmodellierer das Arbeiten in so genannten Sessions unterstützt.

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perspektivische Drahtmodell-Darstellung der Tastatur in Rhinoceros
Auch in Bezug auf die Projektplanung zeigt sich Marcus Kuchler eher von seiner unkonventionellen Seite. Für gewöhnlich erbringt ein Produkt-Designer zu 99% Dienstleistungen für unterschiedliche Kunden und findet kaum Zeit für eigene Entwicklungen fern ab der Auftragsarbeiten. Bei marwin hat man eher den Weg eines exklusiven und langfristigen Kundenstammes in unterschiedlichen Branchen für sich entdeckt, der zu eigenen Erfindungen und Designentwicklungen motiviert. Dadurch gerät das Designbüro kaum in die bei Designern klassische Abhängigkeit vom Dienstleistungsgeschäft, sondern bewahrt sich in gewissem Maße seine Eigenständigkeit und somit auch seine Originalität. Ob Sportartikel, Lampen, Fernbedienungen, Baumaschinen, Computertastaturen, Brillen oder Accessoires für die Automobilbranche, marwin verknüpft Wissen und Erfahrungen aus den unterschiedlichsten Produktsparten und generiert so innovative, kreative und ästhetische Produkte für seine Kunden in Europa, Asien, Südafrika und den USA.

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Die Idee schlug ein: Der Aluminiumschlitten für Porsche wird mittels Schnellspannern zerlegt.
Diese Unternehmenspolitik hat nicht zuletzt ihre Wurzeln in Marcus Kuchlers Verständnis von Design. „Heutzutage wird der Begriff Design viel zu inflationär verwendet“ so der Mittdreißiger. Fest im deutschen Sprachgebrauch verankert findet man mittlerweile Begriffe wie Designfriseur, Designklamotten, Designer-Brille, Designer-Handy… Die Liste ließe sich endlos fortsetzen und doch zeigt sie nur eines auf: Jedes Produkt ist quasi ein Design-Produkt, bedarf es doch professioneller Gestalter und Formgeber. In Marcus Kuchlers Augen genießt der Münchner BMW-Designer Stephan Augustin hohes Ansehen, da er es verstand, mit einem fast schon revolutionär-funktionalen konzeptionellen Design den allseits begehrten iF Design Award, zu ergattern. Das faszinierend simple Wasserdestilliergerät Watercone® avancierte im April 2003 nicht nur zum Star der Erfinder-Szene, sondern wird seine Leistungsfähigkeit nun in von Wassernot geplagten Landstrichen auch praktisch unter Beweis stellen.„Design muss dem Menschen zum Gebrauch dienlich sein, d.h. erst ein funktionales Design ist ein gelungenes Design – schlicht, einfach, unspektakulär, aber revolutionär in seiner Funktion“ resümiert Kuchler. „Aus diesem Grund habe ich die Idee der Hans-Sauer-Stiftung zur Förderung vorgeschlagen, die Evolutions orientierte Erfindungen unterstützt und auch Ideen wie den „microski“ unterstützt.

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Eine Idee wird geboren: Skizze zu einem Schlüsselanhänger für Porsche
Mit mittlerweile über 15 Patent- und Gebrauchsmuster-Anmeldungen fungiert marwin nicht nur als Gestalter, sondern auch als Erfinder und Entwickler neuer Produkte und Lösungen. Allein Porsche erhielt bis 2002 mehr als 20 neue Produkte, die von Lizenznehmern hergestellt wurden. Der mittels Schnellspannern klein zerlegbare Aluminiumschlitten von Porsche erzielte in den letzten Jahren das Dreifache des prognostizierten Umsatzes und ein Großteil der Accessoires zu dem neuen CarreraGT stammen ebenfalls aus der Feder Marcus Kuchlers.

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futuristische Maus aus der Serie für Cherry
Mit der Maxime des funktionalen Designs im Gepäck startete er auch 1998 die Arbeiten zu der neuen Computer-Peripherie Serie für Cherry, dem Entwickler von Schaltsystemen und Computer-Tastaturen. Zu Beginn der Zusammenarbeit bestand das Ziel in der Entwicklung noch günstigerer Tastaturen. Doch dieses Vorhaben wurde angesichts der nicht zu unterbietenden asiatischen Konkurrenz schnell wieder verworfen. Auf Kuchlers Anraten entschied sich die Führungsriege schließlich für eine luxuriöse, noch nie da gewesene Variante. Innerhalb von wenigen Wochen modellierten die Kreativen bei marwin productdesign mit dem NURBS-Flächenmodellierer Rhinoceros® ein Tastaturkonzept sowie eine passende Maus. Innovationen hierbei waren u.a. die seitlichen X-Press Tasten und die austauschbaren Blenden, die das einheitliche Tastenband (der technische Kern) in unterschiedliche Designs hüllen können. Ziel dieses Details war es, einen möglichst breiten Kundenstamm durch eine große Anzahl an kostengünstigen Diversifikationen anzusprechen, seien es Führungskräfte mit der Chefausführung, Kinder durch spielerisch-bunte Randleisten oder Special-Editions für den Wohn- oder Officeraum. Dem Einfallsreichtum von marwin waren hier kaum Grenzen gesetzt. Dennoch spiegelt die klassische und schnörkellose Gestaltung aller Varianten bei der neuen Cymotion Tastatur Linie die gleiche Formensprache der Funktionalität und Qualität wider, die wir in einem VW, Porsche oder Mercedes finden.

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Microski - der neueste Trend im Schnee!
Auch für das in der Outdoor-Sportwelt allseits bekannte Snakeboard – eine innovative Abwandlung des herkömmlichen Skateboards mit zwei beweglichen Achsen und einem Bewegungsablauf ähnlich dem Snowboarden – zeichnete marwin productdesign verantwortlich. Aber damit noch nicht genug. Ende der Neunziger Jahre entstand beinahe beiläufig die Idee zu einem neuen Wintersportgerät, einem Ski mit integrierter Softbindung . Nach ein paar Skizzen war die Idee zum Microski geboren. Anhand dieser händischen Vorlagen schnitt Kuchler PVC-Platten zurecht und modellierte daraus einen ersten Prototyp. Um die Entwicklung des Microskis weiter vorantreiben zu können, ging er damit erst einmal in den österreichischen Alpen auf Probefahrt, denn jede noch so gute Idee sollte auch einmal einem Praxistest unterzogen werden. Fast zeitgleich mit den ersten Probefahrten erwarb das Designbüro die CAD-Software Rhinoceros®, modellierte den oberflächenreichen Microski als 3D-Modell und schickte die zugrunde liegenden Konstruktionsdaten direkt an den Modellbauer des kooperierenden Fertigungsbetriebes KL-Technik, der ein so genanntes Stereolithographie-Modell erstellte. Aufgrund der äußerst geringen Belastbarkeit wurde das STL-Modell in einem zweiten Verfahrensschritt in Silikon abgeformt. Diese Negativform goss KL-Technik dann mit schlagzähem Kunststoff ab, der langsam aushärtete. Das Resultat war ein stabiles und formtreues Modell, das sich aufgrund seiner realistischen Eigenschaften hervorragend als Prototyp eignete. Nach den letzten Praxistests sammelten die Designer sämtliche Spekulationen und Erkenntnisse darüber, was sowohl auf technischer als auch auf optischer Ebene geändert und verbessert werden muss, und passten das Rhinoceros® 3D-Modell diesen Änderungen an. Per verschlüsselten Datentransfer ging der noch virtuelle Microski an den Werkzeugbauer, damit dieser anhand der 3D-Werte die endgültige Spritzgussform für die Produktion herstellen konnte. Mittlerweile ist der Microski in Serie produziert worden, mit Stahlkanten, dreifach konkaver Lauffläche und integrierten Seitenstützen, um die nötige Stabilität, Seitensteifigkeit und Spurtreue auf Pisten, Wanderwegen und Schlittenhügeln auch bei diesem Fun-Ski zu gewährleisten.

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Stereolithographie-Modelle der Prototypen für Porsche
Im Hause marwin productdesign misst man der Intelligenz von Produkten viel Gewicht bei. Sei es ein Computeraccessoire, eine Baumaschine, ein Sportartikel oder eine neue Schlüsselserie für Porsche, stets arbeitet Kuchler nach der Devise: „Ein Produkt sollte mit wenig Aufwand viel können und dieser Grundsatz sollte auch Ziel eines jeden Produktdesigners sein“. Um diesem Anspruch auch gerecht zu werden, setzt Marcus Kuchler seit 1999 den Hybridmodellierer Rhinoceros® sowohl als Skizzentool als auch als vollwertigen Flächenmodellierer ein. Das händische Zeichnen wird jedoch nicht ersetzt, vielmehr stellt Rhinoceros® einen weiteren, eigenen Weg zur Ideenfindung und Modellierung neuer Produkte dar.

© flexiCAD e.K.

von Stefan Roth / flexiCAD.com